Fahrradklimatest: Hagen ist die fahrradunfreundlichste Großstadt Deutschlands

Der ADFC-Fahrradklima-Test wird alle zwei Jahre durchgeführt. Im aktuellen Test hat Hagen sich die unrühmliche „Rote Laterne“ mit dem bundesweit schlechtestem Ergebnis zurück erobert mit der Schulnote von 4,9.

Der ADFC-Fahrradklima-Test wird alle zwei Jahre mit Unterstützung des Bundesverkehrs­ministeriums durchgeführt und fand im letzten Jahr zum neunten Mal statt. Im aktuellen Test hat Hagen sich die unrühmliche „Rote Laterne“ mit dem bundesweit schlechtestem Ergebnis zurück erobert. Mit einer Schulnote von 4,9 belegt Hagen in der Gruppe der Großstädte mit einer Einwohnerzahl zwischen 100.000 bis 200.000 bundesweit den letzten Platz von 41 Großstädten.

Im Herbst 2020 konnten interessierte Bürgerinnen und Bürger an der Online-Umfrage des ADFC teilnehmen, rund 230.000 haben mitgemacht. Auch 363 Hagener und Hagenerinnen beantworteten die 27 Fragen. Dabei ging es darum, ob man sich auf dem Rad sicher fühlt, wie gut die Radwege sind und ob die Stadt in Zeiten von Corona das Fahrradfahren besonders fördert.

Beim letzten Fahrradklimatest 2018 landete Remscheid auf dem letzten Rang, Hagen kam auf eine Gesamtnote von 4,68 auf den vorletzten Platz. Zuvor stand Hagen bereits mehrfach an letzter Stelle. Besonders schlecht benotet wurde die Breite der Radwege, das Fehlen von öffentlichen Leihrädern, die Ampelschaltungen und das Falschparken auf Radwegen. Das Sicherheitsgefühl für Radfahrende bekam die Note 5,2. Das Fahren zusammen mit Kfz im Mischverkehr wird als besonders stressig empfunden.

Um nach der verkehrliche Ausrichtung auf die autogerechte Stadt in den letzten Jahrzehnten eine fahrradfreundliche Verkehrsführung zu erreichen, bedarf es eines entschiedenen Willens zur Veränderung und zügiger Umsetzung. Häufig wird die topografisch schwierige Situation als Argument gegen Veränderung genannt. Durch den Boom auf elektrisch unterstützte Fahrräder, den Pedelecs, hat sich jedoch die Situation grundlegend geändert, was aber bei den Verantwortlichen noch nicht so richtig realisiert worden zu sein scheint. Viele Bürger steigen jetzt aufs Rad, denen es zuvor zu anstrengend erschien. Beim ADFC häufen sich Anfragen: „Ich habe mir ein Pedelec gekauft, aber wo kann ich jetzt fahren?“ Da zeigt sich, dass das Hagener Radverkehrsnetz mehr aus Lücken besteht, als aus vernünftiger radgerechter Infrastruktur.

In der letzten Zeit gab es vermehrt Absichtserklärungen von Seiten der Stadt Hagen, wie beispielsweise in Form des Masterplans „Nachhaltige Mobilität“ oder des 2019 verabschiedeten Radverkehrskonzeptes. Das Problem ist: Auf der Straße entdeckt der Radfahrer und die Radfahrerin leider von all dem fast nichts. Klar, es wird in den Planungsstuben der Stadt bereits an dem ein oder anderen Projekt gewerkelt, aber mit einer sehr dünnen Personaldecke im Bereich Radverkehr kommt man nicht richtig vorwärts und an ein Aufholen zu anderen Städten, die hier früher reagiert haben, ist kaum zu denken. Das zeigt sich auch auf der Website des Stadtradelns. Hier hat Hagen zwar eine sinnvolle Funktion freigeschaltet, mit der Radfahrende schlechte und gefährlich Stellen der Stadt melden können, doch erst sieben von insgesamt 144 gemeldeten Fälle, haben den Erledigt-Status. Bei der Stadt fehlen schlicht und einfach das Personal, um die Fälle zu bearbeiten.

Auch liegt der Schwerpunkt oftmals nicht auf Maßnahmen, die sich schnell umsetzen ließen und Verbesserungen brächten, sondern auf aufwändigen und kostenintensiven baulichen Planungen. So wurde vorrangig das sehr teure Projekt Volmebrücke im Ruhrtal an der A1 gegenüber anderer Projekte vorgezogen, obwohl es für den Alltagsverkehr kaum Nutzen bringt und auch aus touristischer Sicht fragwürdig erscheint.

Der ADFC hofft, dass mit dem erneuten schlechten Abschneiden im Ranking bei der Stadtverwaltung und in der Politik ein Umdenken stattfindet und im Bereich der umweltfreundlichen Mobilität mal ordentlich auf die Tube gedrückt wird. Nicht nur die Radfahrer*innen würden von einer radfreundlichen Stadt Hagen profitieren, die sich bei Luft- und Lärmbelastung bisher auf vorderen Negativ-Plätzen befindet.

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