Fahrradklimatest 2024 - da ist Luft nach oben...
Nachdem Hagen beim letzten ADFC-Fahrradklimatest 2022 mal auf dem vorletzten Platz gewesen ist, hat die Stadt diesmal leider wieder den schon traditionellen letzten Platz erreicht in ihrer Städtegrößenklasse. Das kann nur besser werden!
Im Juni wurden die Ergebnisse des ADFC-Fahrradklimatests 2024 veröffentlicht. Hagen ist in seiner Größenklasse (Städte mit einer Bevölkerung zwischen 100.000-200.000) mal wieder auf dem letzten Platz gelandet unter 42 Städten in Deutschland (15 davon in NRW).
Beim letzten Mal sah es nach einer kurzfristigen Besserung aus. Da war Hagen auf dem vorletzten Platz von 40 Städten - wenn der Vorsprung auch auf der zweiten Stelle nach dem Komma fußte, aber immerhin. Remscheid war 2022 auf dem letzten Platz und hat sich bei der Note im Vergleich zum letzten Jahr auch nicht verbessert.
Leider überrascht uns das schlechte Abschneiden nicht wirklich. Nach Jahrzehnten der Planung einer autogerechten Stadt, die das Zentrum durch mehrspurige Straßen von vielen Wohngebieten trennt, scheint es schwierig zu sein, hier umzudenken. Wir haben den Eindruck, dass in Hagen Fahrradverkehr doch tendenziell immer noch als Freizeitbeschäftigung gesehen wird. Selbst in diesem Bereich wird Radfahren aber kaum gefördert. Fast 90 Euro Tagesausgaben im Schnitt pro Ruhrtalradweg-Übernachtungsgast sind wohl nicht ausreichend Anreiz.
Bei der Überplanung des Ruhrradwegs mit einem Seepark als Naherholungsgebiet wurde die Überlegung, den Hengsteysee umwelt- und menschenfreundlich mit dem Rad sicher erreichbar zu machen bisher nicht merkbar mitgedacht. Dabei enthält schon das Radverkehrskonzept von 2017 mehrere Vorschläge hierzu, u.a. einen Radweg entlang der Volme bis ca. zur Volmerad- und Fußverkehrsbrücke.
Diese Brücke ist - bis auf ihre Erreichbarkeit aus dem Hagener Zentrum - eine positive Entwicklung (schließt allerdings eher eine Lücke, die es erlaubt, die Stadt mit dem Rad noch einfacher zu umfahren), genau wie die nicht mehr ganz neuen Radspuren am Graf-von-Galen-Ring. Man sieht, ein wenig hat sich doch getan in den letzten Jahren. Aber man sieht auch: Es ist noch ein langer Weg bis zu einem zusammenhängenden Radnetz, wenn es so weitergeht.
Die Unzufriedenheit der (potenziellen) Radfahrenden kann man daran erkennen, dass die Erreichbarkeit des Stadtzentrums in Hagen über eine Note schlechter bewertet wird als im Durchschnitt der Städtegrößenklasse.
Die negativste Abweichung zu den Durchschnittswerten gibt es im Bereich Öffentliche Fahrräder. Nicht überraschend, denn in Hagen gibt es bisher nur einen E-Rollerverleih. Ebenfalls vergleichsweise schlecht bewertet wird der Punkt "Radfahren durch Alt und Jung". Dass viele Eltern sich nicht trauen, ihre Kinder mit dem Rad auf die Straße zu lassen, hören wir öfter. Sehr schade, denn das nimmt den Kindern eine Möglichkeit zur selbständigen aktiven Bewegung (und kostet die Eltern mehr Zeit, wenn sie ihre Kinder alternativ nur begleitet auf die Straße lassen).
Der einzige Punkt, bei dem Hagen minimal besser abschneidet, ist das Thema Fahrraddiebstahl. Das "Geschäft" lohnt sich in Hagen wohl einfach nicht.
Absolut am schlechtesten bewertet wird ebenfalls der Punkt Öffentliche Fahrräder, gefolgt von Führung an Baustellen und Ampelschaltungen für Radfahrer*innen.
Es gibt in Hagen tatsächlich Ampeln, wo man sogar beim Geradeaus-"Fahren" dreimal wartet, z.B. wenn man auf dem kurzen Radwegabschnitt an der Eckeseyer Straße die Bahnhofshinterfahrung Richtung Innenstadt queren möchte. Einige Ampeln mit Anforderungskontakt reagieren zudem nicht.
Der einzige Punkt, bei dem Hagen eine Note (leicht) besser als Ausreichend bekommt sind geöffnete Einbahnstraßen in Gegenrichtung. Relativ zum Durchschnitt steht Hagen hier aber auch nicht so gut da.
In Hagen gab es in letzter Zeit viel Fluktuation bei der Planung. Das macht es sicher nicht einfacher, einen Rückstand aufzuholen. Allerdings könnte man sich fragen, ob die Fluktuation nicht auch schon ein Zeichen für das Gewicht der Radverkehrsplanung bei den städtischen Entscheidungsträger*innen ist.
Wir wiederholen uns seit Jahren (Jahrzehnten...): Hagen braucht ein durchgängiges Radverkehrsnetz. Nicht so sehr für uns, wir fahren sowieso schon Rad in Hagen, aber für alle, denen das Radfahren in Hagen noch zu unsicher ist. Erste kleine Abschnitte sind in den letzten Jahren entstanden, aber damit sie ordentlich genutzt werden, brauchen sie Anschlüsse. Das geht natürlich nicht alles auf einmal, aber mehr muss auf jeden Fall passieren, damit Hagen attraktiver wird. Der demnächst anzufangende Ennepetalradweg ist ein weiterer Schritt in die Richtung. Wir hoffe, dass der Anschluss vom Hauptbahnhof an den Enneperatdweg dann auch bald angegangen wird.
Neben dem langsamen Wachstum des Netzes ist es sehr schade, dass die Stadt bei Punkten, die kein so großes Problem sein sollten (und auch nicht in den Bereich Planung fallen) so schlecht abschneidet, z.B. Führung an Baustellen, Winterdienst auf Radwegen und Falschparkerkontrolle auf Radwegen bekommen alle mindestens eine glatte Fünf.
Und an der stetig steigenden Zahl der Teilnehmenden beim Stadtradeln sieht man ja, dass in Hagen durchaus Interesse am Radfahren besteht.
Und hier gibt es bei Bedarf Tipps zur Radverkehrsverbesserung: